Wir grüssen vom Leaderthron

FC Basel 1893 - FC St.Gallen 1879 1:2 (1:1) So, 02.02.20 Spielberichte

Durch ein Tor von André Ribeiro in der 93. Minute krallen wir uns die Tabellenspitze. Kurz vor der Halbzeit glich Betim Fazliji die Führung von Bua aus und wahrt somit seine weisse Weste als unser Glücksbringer.

Es gibt Daten, die brennen sich im Gedächtnis der Espen-Fans fest. Einige sind unrühmlich, wie ein gewisser 03. 11. 2002, und einige zeugen von grossartigen Spielen der Mannen in Grün-Weiss. Dieser 02. 02. 2020 ist schon vom Datum her ein spezieller Tag. Wie gemacht, um ihn in Erinnerung zu behalten. Und heute haben unsere Espen dafür gesorgt, dass wir diesen Tag in bester Erinnerung behalten.

"Wann wurden wir letztmals im eigenen Stadion eine Halbzeit lang so dominiert? Vermutlich gegen ManCity?", fragte unmittelbar nach dem Spiel ein Basler in dessen Fanforum. Das war fast auf den Tag genau vor zwei Jahren, am 13. Februar 2018, als der FCB im Achtelfinale der Champions League gegen das Team von Pep Guardiola nach 23 Minuten schon 0:3 zurück lag und schliesslich 0:4 verlor. In der zweiten Halbzeit heute gegen uns mussten sich die Basler wohl wie damals vor zwei Jahren vorgekommen sein.

Führung für den FCB durch Bua

In der Anfangsphase der heutigen Partie zeichnete sich eine solche Überlegenheit jedoch noch nicht ab, auch wenn die erste dicke Chance des Spiel uns gehörte. Boris Babic setzte sich auf rechts toll durch und spielte Cedric Itten an, doch der scheiterte aus kurzer Distanz an FCB-Goalie Omlin. Der Basler in unseren Farben blieb bis auf weiteres ohne Treffer gegen seinen Ex-Verein.

Im direkten Gegenstoss hatte dann auch der FC Basel eine Grosschance. Aussenverteidiger Widmer schlenzte jedoch den Ball mit dem rechten Aussenrist am entfernten linken Torpfosten um Zentimeter vorbei. Neun Minuten später kam Widmer erneut über die rechte Seite. Er spielte zu Frei, der den Ball in den Rücken der Abwehr spielte. Und weil Captain Silvan Hefti sich in die Mitte orientierte, um dort das Loch zuzumachen, stand sein Gegenspieler Bua im linken Teil des Strafraums plötzlich völlig frei und schlenzte den Ball rechts unten ins Tor.

Steter Unruheherd Zhegrova

Es war die Phase des Spiels, in der das Heimteam etwas Oberwasser hatte. Vor allem der wirblige Zhegrova stellte unsere Abwehr vor Probleme. In der 30. Minute verfehlte sein Schuss aus der Distanz das Tor nur knapp, auch wenn Lawrence Ati Zigi zur Stelle gewesen wäre. Doch dieser Zhegrova bleib ein Gefahrenherd. In der 34. Minute dribbelte er sich in den Strafraum - und Betim Fazliji hätte sich nicht über einen Foulpenalty beklagen dürfen, wenn Zhegrova beim Zweikampf mit ihm gefallen wäre. Doch der talentierte Kosovare des FCB litt löblicherweise und zu unserem Glück nicht an Fallsucht.

"Zu Beginn des Spiels hatte ich etwas Mühe", gestand Betim Fazliji, der heute den gesperrten Yannis Letard in der Innenverteidigung vertrat. Spiele gegen Basel sind etwas Besonderes für unseren Beto, der hier im St.Jakob-Park am 27. Juli 2019 sein Debüt in der Super League gab. Damals ersetzte er Jordi Quintillà, als wir dank zwei Itten-Toren den FCB mit 2:1 besiegten.

Glücksbringer Beto

Danach stand Betim Fazliji zehn weitere Male auf dem Feld - und der FCSG gewann jedes einzelne dieser zehn Meisterschaftsspiele. "Mister 100 Prozent" wird er deshalb von seinen Mitspielern genannt, und auch unser Cheftrainer Peter Zeidler nennt ihn Glücksbringer. Und Fazliji dachte sich wohl, dass er diese tolle Serie nicht ausgerechnet hier in Basel enden lassen will, in seinem zwölften Spiel.

Ab der 38. Minute kamen wir wieder besser ins Spiel, was sich auch bei den Chancen zeigte. Babic mit einer gefährlichen Hereingabe, Itten mit einem Chippass in den Strafraum und Hefti mit einem Schuss von der Strafraumgrenze zwangen Omlin jeweils zu Interventionen. Und in der 43. Minute provozierte ein Angriff über die linke Seite den ersten Eckball für uns, den Victor Ruiz trat.

Der Spanier brachte den Ball zur Mitte, wo Ademi den Ball unglücklich abtropfen liess. Unglücklich nur für ihn, glücklich für den einen Espen, dem der Ball vor die Füsse fiel und ihn mit der Schuhspitze in den Netzhimmel beförderte. Und dieser Espe war - natürlich Betim Fazliji! Was für eine Geschichte! Das Tor fiel zum richtigen Zeitpunkt, so kurz vor der Halbzeitpause.

Drei zu 20 Schüsse

Nach dem Seitenwechsel powerte unser Team weiter - und dominierte das Heimteam nun total. "Es war wohl unsere beste Saisonleistung", sagte Peter Zeidler hinterher über die zweiten 45 Minuten dieses Spitzenkampfes, der diesen Namen auch verdiente und beste Werbung für den Schweizer Fussball war. Unsere Überlegeheit wurde am Ende durch die offizielle Schussstatistik der SFL untermauert. Drei Schüsse (davon einer aufs Tor) beim FC Basel, 20 Schüsse (davon sieben aufs Tor) bei uns. Man fragte sich, wer hier das Heimteam ist.

Und diese Überlegenheit wurde nach einer Stunde mit einem schönen Angriff belohnt, als Victor Ruiz den Ball zu Miro Muheim links raus spielte. Dieser flankte butterweich in den Strafraum auf den hinteren Pfosten, wo Boris Babic herangeflogen kam und den Ball mit einem Hechtkopfball ins Netz haute. Die verdiente Führung - dachten alle.

VAR sah Foul von Guillemenot

Doch VAR Adrien Jaccottet meldete sich aus Volketswil, wo er am Bildschirm ganz genau hingeschaut hatte - und bei der Balleroberung ein Foul von Jérémy Guillemenot an Xhaka gesehen hatte. Schiedsrichter Fedayj San, der die Szene beim Spiel aus wenigen Metern Entfernung und mit freier Sicht nicht als Foul taxierte, revidierte seinen Entscheid nach der Konsultation der Fernsehbilder und annulierte das Tor.

Ein Schock für unsere junge Mannschaft, hätte man meinen können. Doch Betim Fazliji verriet nach dem Spiel, dass Jordi Quintillà das Team nach diesem Entscheid zusammenrief und sie einschwörte, nun noch mehr Gas zu geben. Und auch Boris Babic ging zu Peter Zeidler und meinte zu ihm: "Trainer, keine Sorge, das schaffen wir schon."

Bärenbande und viele andere Fans

Boris Babic, der auch heute wieder eine bärenstarke Leistung ablieferte und wie seine übrigen Teamkollegen weite Wege ging, wurde in der 75. Minute durch Axel Bakayoko ersetzt, der sogleich neuen Schwung in den Angriff brachte. A propos bärenstark: Unsere Spieler konnten heute auf über tausend Fans aus der Ostschweiz zählen, darunter auch viele Mitglieder der Bärenbande, die ebenfalls nach Basel gereist waren.

Und diese sahen, dass das Heimteam nun völlig an die Wand gespielt wurde. "Die St.Galler wollen den Sieg, unsere versuchen das Unentschieden über die Zeit zu retten", meinte ein Basler auf der Haupttribüne und fasste so die letzte Viertelstunde perfekt zusammen. In der 84. Minute kam dann auch noch André Ribeiro ins Spiel, der den vom Platz humpelnden Guillemenot hinter den Spitzen ersetzte.

Extase in der Nachspielzeit

Die beiden Einwechselspieler sollten noch von sich reden machen. Aber zuerst hatte Lukas Görtler in der 87. Minute das 2:1 auf dem Fuss, doch Omlin konnte den Ball gerade noch mit den Fingerspitzen abwehren. Dann lief bereits die zweite Minute der Nachspielzeit, als Bakayoko von Petretta umgerissen wurde, als er alleine aufs Tor hätte zulaufen können. San beliess es bei Gelb, weil parallel noch ein Basler stand.

Unmittelbar danach spielte Fazliji einen langen Ball aus der Abwehr heraus auf Itten. Dieser nahm den Ball an und leitete diesen gleich steil weiter in den Lauf von Bakayoko. Der schüttelte Bergström ab und donnerte den Ball an den Pfosten, dass es nur so schepperte. Von dort flog der Ball an die Brust von Ribeiro, Omlin kratzte den Ball noch von der Linie, doch Ribeiro staubte in der 93. Minute zum 2:1 ab, haute den Ball über die Linie und schoss sein Team ins Glück. Es schien, als würde der ganze Gästesektor explodieren.

Nach mehr als sieben Jahren wieder Leader

Kurz danach war Schluss und sämtliche Grün-Weissen liessen ihren Emotionen freien Lauf. Peter Zeilder stürmte auf das Feld und umarmte jeden einzelnen seiner Spieler und feierte nachher mit diesen vor den mitgereisten Fans. Die grün-weisse Party im Joggeli konnte beginnen und fand dann in der Kabine ihre Fortsetzung.

Denn mit diesem Treffer in der Nachspielzeit setzte sich das Team von Peter Zeidler an die Tabellenspitze. Punktgleich mit Meister YB und nun schon mit fünf Punkten Vorsprung auf den FC Basel. Letztmals war das im Herbst 2012 unter Jeff Saibene der Fall gewesen. Und nun steht der FC St.Gallen 1879 erneut dort. (mna)

 

FC Basel 1893 - FC St.Gallen 1879 1:2 (1:1)

St.Jakob-Park - 20'527 Zuschauer - SR Fedayj San

Tore: 19. Bua 1:0, 44. Fazliji 1:1, 93. Ribeiro 1:2.

Basel: Omlin; Widmer, Cömert, van der Werff (52. Bergström), Petretta; Xhaka (Cap.), Zuffi; Bua (72. Pululu), Frei (75. Campo), Zhegrova; Ademi.

St.Gallen: Zigi; Hefti (Cap.), Stergiou, Fazliji, Muheim; Görtler, Quintillà, Ruiz; Babic (75. Bakayoko), Guillemenot (83. Ribeiro), Itten.

Verwarnungen: 49. Itten (Foul), 55. Zuffi (Foul), 63. Guillemenot (Foul), 67. Frei (Foul), 78. Xhaka (Foul), 79. Muheim (Foul), 83. Hefti (Foul), 92. Petretta (Foul), 92. Zeidler (Reklamieren).

Bemerkungen: Basel ohne Alderete, Stocker (gesperrt), van Wolfswinkel, Cabral, Kuzmanovic (verletzt). St.Gallen mit Abaz, Bakayoko, Ribeiro, Ajeti, Staubli, Kräuchi, Campos (Ersatzbank) und ohne Klinsmann, Strübi, Gonzalez, Nuhu, Lüchinger (krank oder verletzt), Demirovic, Letard (gesperrt), Alves, Vilotic, Costanzo, Solimando, Kchouk, Rüfli (nicht im Aufgebot). - 9. Pfostenschuss von Widmer. - 93. Pfostenschuss von Bakayoko.